Kinderernährung in den ersten 1000 Tagen + Experteninterview

Die kindliche Ernährung in den 1000 ersten Lebenstagen ist sehr entscheidend für die Gesundheit und die Essensgewohnheiten der Kinder. Man sollte also bereits auch in der Schwangerschaft besonders auf seine Ernährung achten – bis hin zum vollendeten zweiten Lebensjahr des Kindes – also in den ersten 1000 Tagen legen wir den Grundstein für die Gesundheit und das Essverhalten unserer Kinder. Eine enorm wichtige Aufgabe, daher finde ich es mehr als toll, dass Milupa die Initiative „die ersten 1000 Tage“ ins Leben gerufen hat. Mehr Infos zu dieser Aktion findet ihr zum Beispiel hier.

Vor ein paar Wochen hatte ich euch auf Facebook gefragt, ob ihr Fragen habt, die ich einer Ernährungsberaterin zur Kinderernährung stellen soll. Ich freue mich sehr, dass Frau Dr. Irmingrad Demitsch sich dazu bereiterklärte mir eure Fragen zu beantworten. Frau Dr. Dermitsch ist studierte Ernährungswissenschaftlerin und selber Mutter von drei Kindern. Sie arbeitet für den Milupa Elternservice und beantwortet dort täglich Fragen rund um die Kinderernährung.

Hier findet ihr nun also eure Fragen und die Antworten dazu:

 

1. Obst ist ja gesund. Aber gibt es
eine Beschränkung (von der Menge her) wie viel Obst die Kinder täglich
höchstens essen sollten, um nicht zuviel Fruchtzucker zu sich zu nehmen?

 

Ja, es gibt für alles recht eindeutige
Empfehlungen: Obst ist gesund, aber noch mehr (nämlich 3 Portionen) darf´s vom
Gemüse sein. Vom Obst werden empfohlen: 2 Portionen, wobei eine Portion
bedeutet: 1 Handvoll Obst (als Maß dient die Kinderhand) oder 2 Handvoll bei
kleingeschnittenem Obst oder Beeren. Im Durchschnitt kann man sagen: eine
Portion entspricht ca. 50 g Obst. Daher, so als Richtwert: 100 g Obst pro Tag.

 

Bei der Empfehlung „mehr Gemüse
als Obst“ geht es aber nicht in erster Linie um den Fruchtzuckergehalt,
sondern darum, dass Gemüse in der Regel eine noch breitere Palette und größere
Mengen an Vitaminen, Mineralstoffen, Ballaststoffen und sekundären
Pflanzeninhaltsstoffen enthält als das Obst.
2. Wieviel sollten Kinder trinken? Ist
die Menge von 1,5 Liter bei einem 2jährigen Kind normal?

 

Empfohlen werden täglich 6 – 7 Portionen.
Eine Portion entspricht 1/8 Liter (=125 ml), d.h. also ca. 820 ml Getränke – am
besten Wasser – pro Tag. Wenn man es noch genauer wissen will: es gibt auch
eine Angabe, die sich nach kg Körpergewicht richtet: für das Alter von 1 bis
unter 4 Jahre: 95 ml pro kg Körperwicht. Da ist allerdings nicht nur die
Flüssigkeit dabei, die getrunken wird, sondern auch das Wasser, das in fester
Nahrung drinnen ist. Das wären z.B. für ein 13 kg schweres Kind 1,2 Liter
Wasserzufuhr durch Getränke und feste Nahrung.

 

Aber abgesehen von Zahlen und genauer Berechnung: man kann das Kind zwar immer wieder zum Trinken animieren, etwas zum Trinken anbieten oder gemeinsam mit dem Kind trinken. Aber man kann auch
darauf vertrauen, dass Kinder selbst wissen, wann und wie viel sie trinken
wollen. Wenn einfach kein Durst da ist, dann muss ein Kind nicht dazu gezwungen
werden, zu trinken. Weder Eltern noch Kinder müssen sich diesem Druck und
Stress aussetzen. Am besten ist es, das Kind dazu anzuleiten, Durstgefühle
(oder auch Hungergefühle) selbst wahrnehmen zu lernen.

 

Solange das Kind gesund, munter und aktiv ist, solange die Windeln immer wieder richtig nass (also schwer) sind, kann man davon ausgehen, dass die zugeführte Flüssigkeitsmenge ausreichend
ist.
3. Muss ich mir Sorgen machen, wenn
mein Kind sehr wenig isst und von Größe und Gewicht her eher an der unteren
Grenze liegt? Soll ich ihn motivieren mehr zu essen? Wenn ja, wie?

Vor allem ist wichtig: das Kind soll erfahren, dass das Essen, die gemeinsamen Mahlzeiten, etwas
Schönes, Sinnliches, Stressfreies ist/sind; es sollte keinerlei Druck ausgeübt
werden. Kleine Portionen werden angeboten bzw. das Kind kann aus
„gesunden“ Lebensmitteln, die am Tisch stehen, auswählen (und ein
gutes Schema bietet hier immer die Lebensmittelpyramide). Die Eltern sollten
dem Kind ermöglichen, dass es sich auf das Essen konzentrieren kann – ohne
Ablenkung (Fernseher, Handy, Radio); keine Tricks, Überzeugungsszenarien, keine
Versprechen oder Spiele beim Essen. Essen wird nicht zur Belohnung, Bestrafung
oder zum Trösten eingesetzt. Essen ist auch keine Leistung, die übermäßig
belohnt werden muss. Wenn das Kind nicht mehr essen will, dann genügen noch 1 –
2 Versuche der Eltern, nicht mehr. Keine Extraspeisen als Ersatz (bzw.
höchstens ein Butter- oder Käsebrot).
Sollte das Kind trotz ungezwungener Atmosphäre immer wieder das Essen
verweigern oder untergewichtig sein (hier vor allem wichtig: wenn die
Perzentilenkurve des Gewichts deutlich von der Perzentilenkurve der Größe
abweicht; Perzentilenkurven findet man z.B. auch im hinteren Teil des
Mutter-Kind-Passes), so sollte gemeinsam mit dem Arzt überlegt werden, wie man
weiter vorgehen kann, ob ev. sogar eine Unverträglichkeit vorliegt.
Oft hilft aber auch ein kurzer Blick in die Familiengeschichte: sind Mutter
oder Vater selbst vielleicht ziemlich klein oder dünn? Oder waren sie es als
Kinder? Dann ist auch die Entwicklung des Kindes besser zu verstehen und daher
oft nicht mehr als besorgniserregend zu sehen. Die Genetik kann hier oft eine
große Rolle spielen. Und wenn das Kind hiervon betroffen ist und dabei gesund
und munter ist, dann gibt es normalerweise keinen weiteren Handlungsbedarf,
dann kann man weiter vorgehen wie oben beschrieben.

4. Wieviel Milch bzw Milchprodukte
sollten Kinder zu sich nehmen? Und welche und in welcher Menge (Käse, Topfen,
Milch, Joghurt usw)?

Auch hier gibt es ganz
eindeutige Empfehlungen: ein ein- bis dreijähriges Kind sollte täglich 3
Portionen Milch und Milchprodukte zu sich nehmen. Davon 2 Portionen
„weiß“, (= Milch, Kindermilch, Joghurt, Buttermilch, Hüttenkäse) und
1 Portion gelb (= Käse). Eine Portion bedeutet hier: 125 ml Milch oder
Buttermilch; 100 g Joghurt; 50 g Topfen/Hüttenkäse/Streichkäse; 20 g Käse. Bei
Milch und Joghurt etc. sollte man erst nach diesem Alter die fettarmen
Sorten wählen. Sehr fette oder süße Milchprodukte (Schlagobers, Sauerrahm,
Dessertcreme, Pudding…) nur selten anbieten.

5. Ist für ein Stillbaby welches auch
schon Beikost isst unbedingt Fleisch und Fisch notwendig oder kann ich mein
Baby auch vegetarisch ernähren?

Im ersten Lebensjahr ist eine vegetarische Ernährung nicht empfehlenswert: je einseitiger die Kost und
je jünger das Kind ist, umso größer ist die Gefahr eines Nährstoffmangels.
Fleisch und Fisch liefern vor allem die wichtigen Nährstoffe Eisen und Zink,
Fisch auch die wichtigen langkettigen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Nach
dem ersten Lebensjahr ist eine vegetarische Ernährung mit Ei und Milchprodukten
möglich, allerdings muss dann besonders auf eine vollwertige Ernährung geachtet
werden, in der auch Vollkorngetreide und Hülsenfrüchte eine wichtige Rolle
spielen sollten. In diesem Fall sollten Eltern sich noch in einem persönlichen
Gespräch mit einer Ernährungsfachkraft beraten, um eine einseitige, mangelhafte
Ernährung des Kindes in jedem Fall vorzubeugen.

6. Wenn Kinder sich weigern zu
frühstücken, was sollte man dann tun? Frühstück ist doch die wichtigste
Mahlzeit, oder?
Das Frühstück ist eine wichtige Mahlzeit: nach den nächtlichen „Fastenstunden“ wird der Körper dann
wieder mit Energie und Nährstoffen versorgt. Es gibt viele Möglichkeiten, einem
Kind diese Mahlzeit schmackhaft zu machen:
Vollkornbrot, Vollkorntoast, Knäckebrot, Pumpernickel etc. kann belegt
sein mit Butter, Frischkäse, Hüttenkäse, Käse, Aufstrich (in süßer oder
pikanter Variante: püriertes Obst oder Trockenobst oder Gemüse mit Frischkäse,
Topfen, Hüttenkäse), Marmelade, Obstscheibchen, Gemüsescheibchen (Gurke,
Paprika, Tomate etc.), Schinken, Schnittlauch oder anderen Kräutern. Für die
Kinder, die gerne löffeln: Müsli in unzähligen Varianten oder auch ein warmer
Frühstücksbrei aus diversen Getreidesorten. Und schließlich gibt es auch für
die Kinder, die höchstens etwas trinken wollen, viele Möglichkeiten: z.B.
Milchmahlzeit auf milkshake-Art, also mit püriertem Obst zur Milch dazu. Oder
auch Smoothies in unzähligen Varianten: Obst oder Gemüsesorten mit z.B. etwas
Joghurt gemixt plus andere Zutaten.
Sollte das Kind trotz all dieser verlockenden Angebote gar nichts essen wollen (z.B. weil es recht früh aufsteht oder aufstehen muss), dann kann es einfach ein paar Schlucke Tee oder Wasser
trinken und einfach dann essen, wenn es Hunger hat. Das wird dann vermutlich
vormittags der Fall sein – und dann bekommt es die gesunden Speisen des
Frühstücks etwas später.
Hilfreich ist es natürlich, wenn schon das Frühstück eine Mahlzeit ist, die gemeinsam mit den Eltern eingenommen wird und die Eltern bei ihrer Auswahl der Lebensmittel mit gutem Beispiel
vorangehen.
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Falls noch offene Fragen übrig sind, dann scheut euch nicht einfach mal beim Milupa Elternservice nachzufragen und euch einen Rat zu holen. Der Elternservice ist wochentags von 9-12 Uhr und von 13-15 Uhr unter der Telefonnummer 08000 311 756.
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Und jetzt bin ich einfach mal neugierig: Schafft ihr es immer auf die Ernährung eurer Kinder zu achten? Also immer zu schauen, dass sie ausreichend Obst und Gemüse essen? Oder habt ihr auch eher Gemüsemuffel (so wie ich) zuhause?

Bis bald
eure Steffi

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